Dschungelclan
Werde ein Teil des Dschungels

Aktuellste Bänder

https://s3-eu-west-1.amazonaws.com/cover.allsize.lovelybooks.de/9783407822215_1497356599000_xxl.jpg


Erlenpfote hat Träume, die eine große Gefahr erahnen lassen. Sie scheinen sich zu bewahrheiten, als die Streuner auftauchen und die Katzen bedrohen. Droht den vier Clans dasselbe Schicksal wie dem WolkenClan?

Mehr als ein Mond ist vergangen, seit Erlenpfote sich auf die Suche nach dem WolkenClan gemacht hatte, nur um entdecken zu müssen, dass die Katzen von bösartigen Streunern vertrieben worden waren. Seine Mission schlug zwar fehl, aber er kam nicht mit leeren Pfoten nach Hause: Er hat zwei junge Waisenkatzen gefunden. Sind sie der Schlüssel zur Prophezeiung?

 
PROLOG
DIE SONNE DRANG
durch die Zweige über Echoklangs Kopf
und schnitt durch die Schatten, die den Waldboden tüpfelten.
Echoklang genoss die warmen Strahlen auf ihrem Rücken.
Fröhlich ließ sie ihren Schwanz über die Blätter streichen, die
in dem sanften, warmen Wind raschelten. Über ihrem Kopf
zwitscherten die Vögel und sie leckte sich hungrig das Maul.
Vor Sonnenuntergang würde sie noch jagen.
Sie hielt inne.
Vor Sonnenuntergang?
War die Sonne nicht längst untergegangen? Und war nicht
Regen auf den Wacholderstrauch herabgeprasselt, in dem sie
ihr einsames Nest gebaut hatte?
Ja! Sie war über dem Trommeln
der Regentropfen eingeschlafen, während sie sich gefragt hatte, wo ihre in alle Winde
zerstreuten Clan-Gefährten vor dem peitschenden Sturm wohl
Zuflucht gefunden hatten.
Das ist ein Traum.
Doch für einen Traum fühlte es sich zu real an.
Eine Vision?
Ihr Herz wurde leicht. Es war so lange her, seit sie eine
Vision gehabt hatte. Sie hatte schon geglaubt, der SternenClan
hätte den WolkenClan vergessen, so wie alle anderen Clans es
bereits vor unzähligen Monden getan hatten
Der graue Kater hob den Kopf und schaute hinauf zu dem
Blätterdach über ihnen. Eine kalte Windböe fuhr durch die
Zweige und sie folgte seinem Blick. Er betrachtete einen Wir
-
bel trockener Blätter, die von den Bäumen herabflatterten. Die
Blätter tanzten einen Augenblick zwischen ihnen in der Luft
und schwebten dann sacht zu Boden.
Echoklang musterte die Blätter. Das waren keine Eichenblätter.
Sie waren größer und hatten keine weiche, runde
Form, sondern fünf Spitzen und erinnerten eher an Ahornblätter als an Eichenlaub.
»Im Moment seid ihr verstreut wie vom
Winde verwehte
Blätter.« Die Stimme des Katers unterbrach ihre Gedanken. Er
streckte die Pfote vor und fegte die Blätter zu einem kleinen
Haufen zusammen. Ein weiteres Blatt mit fünf Spitzen fiel
herab, es war größer als die anderen und flatterte ihm wie
eine Motte entgegen. Geschickt fing er es noch in der Luft und
legte es oben auf den Stapel. »Sieh nur!«
Echoklang beugte sich vor.
Ihr Pelz prickelte vor Aufregung. Was hatten diese Blätter zu bedeuten? Warum waren
es Ahornblätter und kein Eichenlaub? Sie musterte den Blatt-
haufen und überlegte verzweifelt, was mit den Blättern gemeint sein könnte.
Doch schon fingen sie an zu verblassen.
»Nein!«
Die Vision verschwamm und Dunkelheit nahm Echoklang
die Sicht. Aber die Blätter durften noch nicht verschwinden.
Sie begriff ihre Bedeutung nicht.
»Sag mir mehr!« Sie wurde von ihrem eigenen panischen
Maunzen geweckt und ihr Kopf fuhr in die Höhe. Zutiefst
enttäuscht starrte sie blinzelnd in die Dunkelheit.
Sie saß wieder in ihrem provisorischen Nest und Regen prasselte auf die
 
Wacholderzweige über ihr. Kaltes Wasser tropfte durch die
Blätter und durchnässte ihren Pelz. Zitternd schloss sie die
Augen und versuchte, sich an jede Einzelheit der Vision zu
erinnern. Ihr Herz klopfte. Was wollte der SternenClan ihr sagen?
Ich muss es verstehen!
Wenn sie das herausfand, würde
sie vielleicht auch endlich wieder zurück nach Hause finden.
 
1. KAPITEL
ERLENPFOTES BLICK WANDERTE
zu den herabhängenden
Zweigen am Eingang des Heilerbaus. Draußen wehte der
Wind bereits das Laub in den Felsenkessel. Der Blattfall war
schon so früh gekommen! Vor weniger als einem Mond erst
war er unter einem sonnigen, blauen Himmel von seiner Mission zurückgekehrt.
»Erlenpfote!«
Häherfeders strenge Stimme riss ihn aus seinen Gedanken,
und er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Kräuter,
die vor ihm lagen.
»Du solltest doch Schafgarbe und Huflattich voneinander
trennen.« Häherfeders blinde, blaue Augen richteten sich wütend auf ihn.
»Entschuldige«, murmelte Erlenpfote. Nichts, was er
tat, schien Häherfeder zufriedenzustellen. Hastig zog er die
schlaffen Schafgarbenblätter von dem zähen Huflattich weg.
Neben ihm griff Blattsee mit der Pfote tief in den Felsspalt
an der Rückseite der Höhle und holte ein weiteres Bündel mit
Blättern hervor. »Ich glaube, das sind die letzten. Wenn wir
die sortiert haben, können wir entscheiden, was wir vor der
Blattleere noch sammeln müssen.«
»Wir brauchen auf jeden Fall Katzenminze«, miaute Häherfeder.

»Hätten wir letztes Jahr mehr davon gesammelt,
wäre Spinnenbein vielleicht noch am Leben.«
Auf der anderen Seite des Heilerbaus stemmte sich Wurzellicht in ihrem Nest
in die Höhe. »Ich kann euch beim Sortieren helfen.«
»Danke«, antwortete Häherfeder
, ohne sich umzudrehen.
»Aber wir sind hier schon genug Katzen.« Dann fügte er mit
verärgert zuckenden Ohren hinzu: »Und Junge.«
Erlenpfote warf einen schuldbewussten Blick zu Zweigjunges hinüber.
Die kleine Katze spielte direkt vor dem Eingang
des Baus mit einem Blatt. Sie stellte sich auf die Hinterbeine
und schlug das Blatt mit der Pfote in die Luft, dann duckte
sie sich rasch, um es auf ihrem Rücken aufzufangen, bevor es
zu Boden trudelte. Jedes Mal, wenn das Blatt zwischen ihren
Schulterblättern landete, maunzte sie erfreut. »Ich musste sie
mitnehmen«, erklärte Erlenpfote. »Sie hat sonst niemand, mit
dem sie spielen kann.«
»Und was ist mit Lilienherz’ Jungen?«, blaffte Häherfeder.
»Die sind doch ihre Nestgefährten, oder?«
Blattsee schob einen Haufen Thymianstängel zur Seite.
»Lilienherz’ Junge sind schon fünf Monde alt«,
rief sie Häherfeder freundlich in Erinnerung. »Sie sind viel zu ungestüm
für Zweigjunges.«
Und sie haben keine Lust, dass ihnen ein kleines Junges
bei ihren
Streifzügen durch das Lager am Schwanz hängt.
Erlenpfote war dankbar, dass Lilienherz sich bereit erklärt
hatte, Zweigjunges gemeinsam mit ihrem eigenen Wurf aufzuziehen,
aber er wünschte, Blattjunges, Lerchenjunges und
Honigjunges würden mehr Geduld mit ihrer Ziehgefährtin
zeigen. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass die älteren Jungen
 
bald zu Schülern ernannt werden würden und in ihren Spielen
deshalb eher kämpften und sich gegenseitig jagten, als sich
mit der kleinen Kätzin abzugeben.
Hätte doch nur Zweigjunges’ Schwester Veilchenjunges
bei ihr im DonnerClan bleiben dürfen! Empört erinnerte sich
Erlenpfote daran, mit welcher Gefühlskälte die SchattenClan-
Katzen Zweigjunges’ Schwester von der Großen Versammlung
weggeschleppt hatten. Es schien sie kein bisschen zu
kümmern, dass sie zwei kleine, verwaiste Geschwisterjunge
voneinander
trennten. Für sie zählte nur, dass die SchattenClan-Schülerin
Nadelpfote dabei gewesen war, als die Jungen
gefunden wurden. Und da die beiden möglicherweise für eine
Prophezeiung des SternenClans von Bedeutung waren, hatte
Eschenstern darauf bestanden, eines von ihnen für seinen
Clan zu beanspruchen.
Wut stieg in Erlenpfote auf.
Das war
meine
Prophezeiung!
Ich
habe die Mission angeführt, bei der sie gefunden wurden.
Doch das war nicht der eigentliche Grund, warum ihn
der
Verlust von Veilchenjunges so schmerzte. Ihm tat Zweigjunges leid.
Und Veilchenjunges auch. Kümmerte sich der
SchattenClan überhaupt richtig um die Kleine? Hatte sie eine
Ziehmutter wie Lilienherz? Liebevolle Erinnerungen an seine
eigene Kindheit mit seiner Schwester Funkenpfote und seiner
Mutter Eichhornschweif wärmten ihm das Herz.
Wie hätte
ich mich gefühlt, wenn ich von ihnen getrennt worden wäre?
Zweigjunges ließ das Blatt noch einmal durch die Luft segeln und sprang hoch. Um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, peitschte ihr kurzer, flauschiger Schwanz hin und her,
als sie sich im Sprung drehte und das Blatt geschickt mit den
Vorderpfoten fing.

 
»Sie ist sehr wendig.« Blattsee beobachtete sie beifällig.
»Sie sollte draußen herumtoben«, schnaubte Häherfeder.
»Ein Heilerbau ist kein passender Ort für Junge.«
»Sie könnte doch mit Wurzellicht spielen«, schlug Erlenpfote vor.
Wegen ihrer verkrüppelten Hinterbeine war es für Wurzellicht wichtig,
dass ihre Vorderpfoten stark und beweglich
blieben und ihre Lunge frei war
, um gut atmen zu können.
Mit Zweigjunges nach einem Blatt zu jagen, wäre eine gute
Übung für sie.
Häherfeder schien nicht überzeugt, aber Blattsee antwortete
bevor er widersprechen konnte: »Das ist eine sehr gute
Idee, Erlenpfote.« Sie fragte Zweigjunges: »Möchtest du mit
Wurzellicht Blattfangen spielen?«
Zweigjunges sah Blattsee mit begeistert funkelnden Augen
an. »Darf ich?«
»Natürlich«, schnurrte Wurzellicht. »Du kannst jederzeit
mit mir spielen.«
Häherfeder schnaubte nur und begann, die Thymian
stängel
voneinander zu trennen. »Heißt das, sie wird sich von nun an
noch öfter hier herumtreiben?«
»Sei nicht so ein Griesgram«, schalt ihn Blattsee. »Sie stört
uns doch nicht.«
»Abgesehen davon, dass ich drei oder vier Mal am Tag
über sie stolpere«, beschwerte sich Häherfeder mürrisch.
Erlenpfotes Pfoten kribbelten gereizt. Es war fast, als
würde Häherfeder es genießen, die mürrischste Katze im Lager zu sein.
Wenigstens schien Zweigjunges ihn nicht gehört
zu haben. Sie sprang fröhlich durch den Bau und brachte ihr
Blatt zu Wurzellicht.
»Mach endlich weiter!« Häherfeders Ohren zuckten verärgert.
Nicht zum ersten Mal fragte sich Erlenpfote, ob die
blinde Heilerkatze seine Gedanken lesen konnte. Schuldbewusst
widmete er sich wieder seinen Kräutern.
Das Rascheln der herabhängenden Zweige vor dem Eingang lenkte ihn erneut ab.
Graustreif steckte den Kopf herein und blickte Häherfeder an.
»Häherfeder, Brombeerstern
möchte dich, Blattsee und Erlenpfote sprechen.«
Erlenpfotes Herz klopfte schneller.
Warum?
Er wartete, bis Häherfeder etwas sagte, aber Graustreif
fuhr fort: »Und kann ich etwas Beinwell in den Ältestenbau
mitnehmen?« Der graue Kater musterte den Kräuterhaufen
hoffnungsvoll.
Blattsee legte den Kopf schief. »Plagen dich deine Gelenke
wieder?«
»Nicht meine«, schnaubte Graustreif. »Millies.«
»Soll ich mal nach ihr sehen?« Blattsee rollte bereits ein
Blattbündel zusammen.
»Das ist nicht nötig. Außer, du wüsstest ein Heilmittel
gegen das Altern.« Graustreif schob sich ganz in den Bau.
»Außerdem solltet ihr Brombeerstern nicht warten lassen.
Eschenstern ist bei ihm.«
Häherfeder spitzte die Ohren. »Warum hast du das nicht
gleich gesagt?«
»Hab ich doch gerade.«
Während Graustreif die Beinwellblätter vorsichtig mit den
Zähnen aufhob, drängte sich Häherfeder an ihm vorbei zum
Ausgang.
Erlenpfote sah zu Zweigjunges hinüber. War Veilchenjunges etwas
zugestoßen? War der SchattenClan-Anführer des
 
halb gekommen? »Du bleibst hier bei Wurzellicht, verstanden?«
Sie nickte.
Erlenpfotes Herz klopfte aufgeregt und er schob sich hinter
Häherfeder durch die Brombeerranken. Draußen stach
ihm die grelle Sonne in die Augen.
Vor der Kinderstube rekelte sich Lilienherz neben Minka
und sog die kümmerliche Wärme in sich auf. Die Luft war
kühl, aber die Felsen schützten das Lager vor dem Wind,
der durch die Zweige der Bäume oberhalb des Felsenkessels
wehte.
Blattjunges, Lerchenjunges und Honigjunges schnupperten
an der heruntergefallenen Buche herum und steckten die
Nasen durch die Lücken in den geflochtenen Wänden des
Schülerbaus.
»Da drinnen ist ja so viel Platz!«, rief Blattjunges erstaunt.
»Ich will ein Nest in der Mitte haben«, miaute Lerchenjunges.
»Funkenpfote und Erlenpfote haben schon Nester«, seufzte
Honigjunges sehnsüchtig. »Ich kann sie sehen.«
Blattsees Stimme lenkte Erlenpfote von ihrem Geplapper ab.
»Hoffentlich kommen die Patrouillen bald zurück«,
miaute sie. »Der Frischbeutehaufen ist leer.«
Erlenpfote schaute auf den nackten Flecken Erde. Lichtherz,
Weißflug und Wolkenschweif stolzierten daneben auf
ab. Hatten sie keine Beute von ihrer Patrouille mitgebracht?
Vielleicht war ihnen Eschenstern begegnet, bevor sie Gelegenheit
hatten zu jagen. Mit schmalen Augen musterten sie der
kräftigen, goldbraunen Kater neben Brombeerstern auf dem
Hochnase.


Häherfeder stand mit gesträubtem Rückenfell bereits neben ihm.
Erlenpfote folgte Blattsee den Steinfall hinauf und
hielt dann oben an.
Brombeersterns Gesichtsausdruck war ernst. »Kleinwolke
liegt im Sterben.« Er neigte den Kopf vor Blattsee. Die beiden
Heilerkatzen kannten sich schon sehr lange.
Blattsees Blick verdüsterte sich. »Muss er leiden?«
»Lichtfell ist bei ihm«, erklärte Eschenstern. »Sie gibt ihm
Mohnsamen, um seine Schmerzen zu lindern, aber sie weiß
nicht, was sie sonst noch für ihn tun kann.«
Blattsee schnippte mit dem Schwanz. »Warum habt ihr
denn nicht schon vor Monden einen Heilerschüler ausgewählt?
«, miaute sie verärgert. »Dann hätte Kleinwolke jemand
, der sich richtig um ihn kümmern kann.«
»Und der SchattenClan würde nicht ohne Heilerkatze zurückbleiben
«, knurrte Häherfeder.
Eschensterns Fell sträubte sich. »Ich bin nicht gekommen,
um mich belehren zu lassen.«
Brombeerstern trat vor
. »Er bittet um unsere Hilfe, Häherfeder«, sagte er warnend.
Erlenpfote sah seinen V
ater an und war beeindruckt von
seiner Autorität. Brombeerstern schien klar zu sein, dass es
nichts nützte, dem SchattenClan Mäusegalle in die W
unde zu
reiben. Hier war ein behutsameres Vorgehen nötig. Zögernd
trat Erlenpfote vor. »Kann ich vielleicht helfen?«, fragte er
leise.
Häherfeder wehrte sein Angebot mit einem Schwanzschnippen ab.
»Ihr könnt euch unseren Schüler nicht ausleihen«,
erklärte er Eschenstern gereizt.
Erlenpfote stellte sein Fell auf.
Warum eigentlich nicht? Du

beschwerst dich doch immer, dass ich dir ständig zwischen die
Pfoten komme.
Eschenstern blickte ihn finster an. »Ich will keinen Schüler.
Kleinwolke muss von einer richtigen Heilerkatze versorgt
werden.«
Erlenpfote peitschte empört mit dem Schwanz.
»Ich werde gehen«, bot Blattsee an.
»Danke.« Eschenstern beugte sich vor. »Grasherz’ Junge
können jeden Moment auf die Welt kommen. Bernsteinpelz,
Schneevogel und Lichtfell können ihr bei der Geburt schon
helfen, aber es ist Grasherz’ erster Wurf, und ich hätte gerne
eine Heilerkatze im Lager, die ihr helfen kann, wenn es Probleme gibt.«
Erlenpfote trat von einer Pfote auf die andere. Es war
merkwürdig, den SchattenClan-Anführer mit solcher Sorge
über seine Clan-Gefährten sprechen zu hören. Nachdem der
goldbraune Kater Veilchenjunges von der Großen Versammlung fortgetragen hatte,
war Erlenpfote davon überzeugt gewesen,
dass er kein Herz besitzen konnte. Hoffnung regte sich
in ihm. Hatte er sich geirrt? Vielleicht war Veilchenjunges ja
beim SchattenClan ebenso wohlbehütet und geborgen wie
Zweigjunges im DonnerClan.
»Ich hole rasch ein paar Kräuter und komme, so schnell
ich kann.« Blattsee ging zum Steinfall. An der Felskante blieb
sie stehen und rief über die Schulter zurück: »Erlenpfote, du
begleitest mich. Ich brauche Hilfe beim Tragen der Kräuter.«
»Ins SchattenClan-Lager?« Erlenpfote blinzelte überrascht.
»Natürlich!« Blattsee schnippte mit dem Schwanz.
Häherfeders Pelz sträubte sich. »Soll ich mich etwa allein
um den ganzen Clan kümmern?«, fragte er verärgert.

Blattsee sah ihn amüsiert an. »Ich bin mir sicher, du kriegst
das hin. Aber keine Angst. Ich schicke Erlenpfote gleich wieder zurück.«
Häherfeder
schob sich an Erlenpfote vorbei und folgte
Blattsee die Felsen hinunter. »Ich helfe dir lieber beim Aussuchen
der Kräuter. Sonst lässt du mir nichts als ein paar alte
Rainfarnblätter da.«
Erlenpfote wollte ihnen folgen, doch Brombeerstern strich
ihm mit dem Schwanz über den Rücken. »Warte.«
Erlenpfote drehte sich überrascht um. Brombeerstern
neigte den Kopf vor Eschenstern. »Du solltest aufbrechen.
Dein Clan braucht dich. Blattsee kommt so schnell wie möglich in dein Lager.«
Eschenstern nickte. »Danke für eure Hilfe«, miaute er
förmlich. Erlenpfote fragte sich, wie viel Überwindung es ihn
gekostet haben musste, beim DonnerClan um Unterstützung
zu bitten. Die SchattenClan-Katzen waren nicht gerade bekannt dafür,
dass sie ihren Stolz leicht hinunterschluckten.
Mit hoch erhobenem Kinn tappte Eschenstern an Erlenpfote
vorbei und sprang den Steinfall hinab. Er überquerte die Lichtung,
ignorierte die neugierigen Blicke von Weißflug, Lichtherz
und Wolkenschweif und verschwand im Dornentunnel.
Erlenpfote sah Brombeerstern erwartungsvoll an. W
arum
hatte der Anführer ihn gebeten, zu warten? Wusste er vielleicht
etwas Neues über Veilchenjunges?
»Ich werde eine Patrouille losschicken.« Brombeerstern
sprach leise, und sein Blick ging an Erlenpfote vorbei, als halte
er Ausschau nach aufmerksam lauschenden Ohren auf der
Lichtung unter ihnen. Doch Weißflug und Lichtherz hatten
die Köpfe zusammengesteckt und unterhielten sich, Wolkenschweif
war Eschenstern aus dem Lager gefolgt, und Lilienherz
und Minka dösten, während die Jungen auf dem Birkenstamm
herumkletterten. Brombeerstern fuhr fort: »Um nach
dem W
olkenClan zu suchen.«
Erlenpfotes Herz tat einen Satz.
Dem SternenClan sei
Dank!
Seine eigene Mission, den WolkenClan zu finden, war
fehlgeschlagen. Grausame Streuner hatten den lange verlorenen
Clan aus seiner Heimat in der Schlucht vertrieben. Einen
Überlebenden des WolkenClans hatte er noch entdeckt, doch
dieser war von Dunkelschweif, dem Anführer der Streuner,
getötet worden und von seinen Clan-Gefährten war nirgends
eine Spur zu finden gewesen.
Die Prophezeiung des SternenClans war von Anfang an
rätselhaft gewesen:
Nehmt auf, was ihr in den Schatten findet,
sonst sind die Wolken für immer verloren.
Aber so war seine
Mission zustande gekommen. Brombeerstern und Sandsturm
waren davon überzeugt gewesen, dass sie den WolkenClan
finden sollten. Stattdessen hatten Erlenpfote und Nadelpfote
die beiden Jungen Zweigjunges und Veilchenjunges ganz allein
in einem dunklen Tunnel entdeckt. Und nun glaubten
alle, die beiden mutterlosen Jungen würden irgendwann die
geheimnisvollen
Wolken rettenvor was auch immer. Dennoch
fragte sich Erlenpfote immer wieder, ob sie nicht einen
neuen Versuch starten sollten, den WolkenClan zu suchen. Er
wollte die Mission beenden, die er begonnen hatte. »Darf ich
mitgehen?«
»Ich schicke Eichhornschweif, Löwenglut und Rußherz
los«, erklärte Brombeerstern. »Dich brauchen wir hier.«
»Aber sie wissen doch nicht mal, dass der WolkenClan
überhaupt existiert«, wandte Erlenpfote ein.
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden